Donnerstag, 7. März 2013

Schießstände im Landtag (1)

Persönlicher Bericht eines Beobachters von der Sitzung des sachsen-anhaltischen Innenausschusses vom 7. März 2013:

Die Grünen haben wieder zugeschlagen. Nachdem sie bereits vor anderthalb Jahren gegen den Betrieb von Schießsportanlagen, die sich in der Nähe von Schulen befinden (darunter auch der des PSV 90 Dessau in Waldersee), erfolglos agitiert hatten, ging es am 12. Februar weiter. Mit der LT-Drucksache 6/1787 wurde das Thema wieder auf die Agenda gesetzt. Am 21.02. befaßte sich das Landtagsplenum mit dem grünen Antrag und überwies ihn zur weiteren Behandlung in die Ausschüsse für Inneres, Bildung und Landesentwicklung.

Als erster hatte sich heute der Innenausschuß mit dem Thema zu befassen. Der Sitzungssaal in der Olvenstedter Straße 4 war gut gefüllt. Kurz nach 12 Uhr wurde der Tagesordnungspunkt 2 "Keine Schießstände in der Nähe von Schulen und Kindertagesstätten" aufgerufen.

Zunächst referierte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) den Sachstand aus Sicht seines Hauses. Er wies darauf hin, daß alle für den Schießbetrieb notwendigen Erlaubnisse vorliegen und zudem regelmäßig Kontrollen durchgeführt werden. Das MdI sieht keinerlei Rechtsgrundlage für eine Unterbrechung des Schießbetriebes. Sollte man dies dennoch versuchen, kämen - da dann enteignungsgleicher Eingriff vorläge - erhebliche Kosten auf die betroffenen Kommunen zu. Fazit: Es gibt keinen rechtlichen Anlaß für das Entfernen der Stände, da dort alles ordnungsgemäß und rechtmäßig abläuft.

Danach ergriff Sebastian Striegel (Bündnis 90/Die Grünen) als einiziger Vertreter seiner Partei im Innenausschuß das Wort. Zunächst behauptete er, der Antrag stelle kein Mißtrauensvotum gegen Schützen dar. Doch sollten Schulen eine "sichere Umgebung" bieten und die Entfernung der Schießstände sei aus "friedenspädagogischer" Sicht geboten. Er wolle keine Auseinandersetzung über die drei konkreten Anlagen führen, es gehe vielmehr um eine grundsätzliche Frage. In der Zukunft solle eine räumliche Nähe vermieden werden. Dann kam eine Aussage Striegels, die später noch für Verwirrung im Ausschuß sorgte und die er da teilweise zurücknahm: Die existierenden Schießstände sollten nicht in Zweifel gezogen werden, weil sie über Bestandsschutz verfügen.

Der Innenminister signalisierte dann, daß er die Auffassung bezüglich Bestandsschutz teile, sich aber eine baurechtliche Neuregelung für künftige Fälle vorstellen könne.

Für die SPD-Fraktion ergriff der Abgeordnete Rüdiger Erben das Wort. Er forderte von den Grünen aus den genannten Gründen den Verzicht auf Punkt 2 ihres Antrages. Im übrigen stimmte er den ersten Ausführungen des Innenministers zu. Wie schon während seiner Rede im Plenum hat Erben auch heute aus seiner starken Skepsis gegenüber dem grünen Vorhaben keinen Hehl gemacht. Nicht nur, daß die Schießstände rechtlich abgesichert sind, die Verantwortlichen vor Ort - also in den Kommunen, Schulen usw. - wollen an der jeweiligen Situation nichts ändern. (Die Schießstände werden also nur von einigen wenigen Landtagsabgeordneten, nicht jedoch von den unmittelbar betroffenen Bürgern als Problem empfunden.)
Ferner sei es unverantwortlich, durch scharfe Rhetorik gegen Schießstände und Schützenvereine in Teilen der Öffentlichkeit Erwartungen zu wecken, die aus rechtlichen Gründen nicht erfüllbar sind. Abschließend plädierte Erben für die Weiterleitung des Antrags in den Ausschuß für Landesentwicklung, um evenetuelle baurechtliche Schritte wie Abstandsflächen für die Zukunft zu prüfen. Doch auch insofern war er skeptisch.

Danach äußerte sich der Dessauer Abgeordnete Jens Kolze (CDU). Er faßte kurz zusammen, daß aus Sicht seiner Fraktion kein Handlungsbedarf besteht. Ein kausaler Zusammenhang zwischen den Schießständen in der Nähe von Schulen und möglicherweise bedenklichen Lagen ist für ihn nicht ersichtlich. Zudem warnte Kolze vor dem Versuch, eine olympische Sportart wie das Schießen zu kriminalisieren.

In seinem zweiten Statement ließ Striegel dann die Katze ein wenig aus dem Sack und zeigte, was sich die Grünen in Bezug auf unseren Sport vorstellen. Ein Restrisiko bliebe angeblich bei jedem Schießstand und eine Gesellschaft ohne Waffen sei wünschenswert. Zumindest bräuchten Sportschützen keine (!) erlaubnispflichtigen Waffen (also Klein- und Großkaliber) für die Ausübung ihres Sports. Sodann beharrte er auf dem Punkt 2 des grünen Antrags, d.h. seine Partei strebt weiterhin an, die drei existierenden Schießstände in Kroppenstedt, Dessau-Roßlau und Gräfenhainichen zu entfernen, obwohl dies rechtlich nicht möglich ist.

Zwischen den Abgeordneten der Linkspartei zeigte sich ein bemerkenswerter Spalt. Während sich Henriette Quade dem Antrag der Grünen weitestgehend anschloß (womit sie wohl für die Mehrheit ihrer Fraktion sprach), widersprach dem ihr Kollege Uwe Loos. Er sprach sich dafür aus, die bestehenden Anlagen bestehen zu lassen und lediglich für künftige über Änderungen nachzudenken. 

Auch der CDU-Vertreter Frank Bommersbach warnte davor, falsche Erwartungen zu wecken. Ferner wies er darauf hin, daß sich die Sportschützen an den drei Orten im rechtlich zulässigen Rahmen bewegen und somit kein Handlungsbedarf bestehe.

Schließlich kritisierte Rüdiger Erben die Grünen noch einmal deutlich. Wenn sie auf dem Punkt 2 beharrten, müßten sie den betroffenen Kommunen auch Geld zur Verfügung stellen, um sich aus den bestehenden Zivilrechtsverhältnissen zu lösen und unter Umständen noch Schadensersatz zu leisten.

Ergebnis: Der Antrag der Grünen wurde von den Regierungsfraktionen CDU und SPD zurückgewiesen und dürfte aufgrund seiner Substanzlosigkeit auch im Plenum keinerlei Aussicht auf Erfolg haben.

Dieser Ausgang war aus juristischer Sicht nicht anders zu erwarten. Dem Landtag bietet sich insofern keinerlei Einflußmöglichkeit. Bestehende Verträge zwischen den Kommunen und den Sportvereinen können nicht ohne weiteres gekündigt werden, selbst wenn dies in den betroffenen Gemeinden politisch gewünscht wäre (was realiter nicht gegeben ist). Ansonsten liegt das Waffenrecht, wozu auch die schießstandrechtlichen Vorschriften zählen, in der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 73 Abs. 1 Nr. 12 GG). Hier ist kein Raum für ergänzende Regelungen des Landes Sachsen-Anhalt. (Ein Abgeordneter der Linken hat heute sogar den absurden Vorschlag unterbreitet, der Landtag solle ein "Ausführungsgesetz" zum WaffG erlassen).

Dem Beobachter der heutigen Sitzung blieb allerdings nicht verborgen, daß sich Innenminister Stahlknecht wohl im Vorfeld viel weiter auf die Grünen zubewegt hatte als die Fraktionen der SPD und seiner eigenen Partei, der CDU. Insofern hat Striegel nicht ganz unrecht, wenn er vorhin in einem über Twitter verbreiteten Kommentar schrieb:
"CDU u SPD konservativer als Minister Stahlknecht. Keine Prüfung ob Schießstände in Nähe von schulen gesetzlich reglementiert werden können"
Angesichts der Schützenfreundlichkeit, die Stahlknecht noch im Herbst letzten Jahres in Dessau-Roßlau zur Schau gestellt hatte, enttäuscht dies schon. Auch der Text der heute vom MdI veröffentlichten Pressemeldung hinterläßt einen scheelen Nachgeschmack. Sonach darf der LSV jetzt also selbst Vorschläge dafür unterbreiten, wie sich die Ausübung des ohnehin überaus stark reglementierten Schießsports noch weiter erschweren läßt. Dies wäre angesichts der klaren Stimmungslage im Ausschuß wohl nicht erforderlich gewesen.

Positiv überrascht hat jedoch Rüdiger Erben. Während der letzten Legislaturperiode war er als Staatssekretär im MdI tätig. Und der seinerzeitige Innnenminister Holger Hövelmann war einer der größten Scharfmacher in der Waffenrechtsdebatte des Sommers 2009. Insofern waren Erbens nüchterne und emotionslose Beiträge erfreulich.

Da die Grünen bereits angekündigt haben, bei diesem Thema nicht lockerlassen zu wollen und sie heute einsehen mußten, wie eng begrenzt ihre rechtlich zulässigen Möglichkeiten sind, werden sie wohl versuchen, auf anderen Wegen gegen die Schießstände vorzugehen. Das Starten einer Kampagne in den Teilen der Medien, die dieser Partei hörig sind, wäre dabei wohl noch eines der milderen Mittel.

Bedauerlicherweise ist eine Auseinandersetzung mit den abstrusen Thesen, welche die Grünen in ihrem Antrag vorgetragen haben, heute im Landtag nur zaghaft geführt worden. Da dies jedoch aus Sicht der Sportschützen unabdingbar ist, wird dieser Beitrag in den nächsten Tagen mit einem zweiten Teil fortgesetzt werden.

Verwandte Beiträge:
Schießstände im Landtag (2)

3 Kommentare:

  1. Hallo,

    auch wir haben versucht, die unsinnigen Bestrebungen der grünen Fraktion in den Kommentarfunktionen der Presse und auf der Facebook-Seite der Grünen-Fraktionschefin Dalbert anzugehen. Die Argumentation bei Facebook wurde jedoch überwiegend (soweit, dass der Rest eben noch Sinn ergibt) gelöscht, die Kommentarfunktion sodann ganz geschlossen. Dies zeigt das grüne Verständnis von Argumentationskultur deutlich auf.

    Engagiert Euch mit uns zusammen auf Gunboard.de gegen den Verbotswahn im Schießsport und für unsere Rechte als Bürger !

    Viele Grüße,

    Coltfan (5Bürger/ Gunboard.de)

    AntwortenLöschen
  2. Danke für die Arbeit ;)

    AntwortenLöschen
  3. Vielen Dank für Eure Kommentare und Eure Unterstützung! :)

    @ Michael: Die Aktivitäten auf Gunboard habe ich erfreut zur Kenntnis genommen und ich bin auch schon seit Jahren als Nutzer bei Euch registriert. Leider fehlt mir die Zeit, um mich in allzu vielen Foren anders als nur lesenderweise "herumzutreiben".

    BTW: Heute ist der zweite Artikel fertig geworden:
    http://schiessen-in-dessau.blogspot.de/2013/03/schiestande-im-landtag-2.html

    AntwortenLöschen